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…erzähl mal…

…erzähl mal… ist eine weitere neue Rubrik in der wir unterschiedlichste Mitglieder unseres Vereins die verschiedensten Fragen stellen. Das erste Interview hat unser Pressewart (Marco Pergelt) mit Jörg Preßler (Trainer Alte Herren) Mitte März 2021 geführt. Viel Spaß beim Lesen.

FCW: Hallo Jörg, schön das du dir die Zeit genommen hast und heute, quasi als Erster, dieses neue Format „eröffnest“. Am besten stellst du dich kurz vor.

Jörg: Ja, Baujahr 1960 (goldene Generation genannt), verheiratet 2 Kinder, Sohn (38) und Tochter (32) beide wohnen in Weißensee, was schon mal sehr schön ist. Arbeitsmäßig bin ich bei der Sparkassen-Versicherung als Schadenregulierer im mittlerweile 30. Jahr. Will noch 4 Jahre bis zur Rente, dann bin ich durch.

FCW: Wie bist du zum Verein gekommen, seit wann bist du dabei beziehungsweise wann war das?

Jörg: Ich habe mit Sport angefangen, da war ich ungefähr 10 Jahre, bei der Schulsportgemeinschaft Weißensee im Bereich Leichtathletik. Mein Jahrgang damals, wir waren 4 Klassen pro Jahrgang, also um die 120, 140 Kinder, unwahrscheinliche Massen, viele in der damaligen Leichtathletikabteilung tätig mit Eberhardt Busch als legendären Trainer. Einer der größten Trainer, die ich je erlebt habe. Generell bin ich jetzt noch froh, dass ich ihn kennenlernen durfte, Eberhardt Busch. Ich habe dann mit 13 Jahren mit Fußball angefangen, gemeinsam mit vielen anderen aus dieser Leichtathletikgruppe. Es gab also für meine Altersgruppe damals keinen Nachwuchs in Weißensee, wir haben uns selber gegründet, als C-Jugendliche. Zu DDR-Zeiten hieß das noch Schüler und es gab im damaligen Verein – Traktor Weißensee – keine C-Jugend. Es gab eine D-Jugend und eine E-Jugend. In der D-Jugend spielten unter anderem Hartmut Künemund (Katch), als Leuchtturm von Weißensee im Nachwuchs. Eine Klasse darunter war dann Fotti gewesen, als 63er Baujahr. Aber es gab keine C-Jugend. Wir haben uns immer nach der Schule getroffen, Ranzen in die Ecke – wie das so war – und den ganzen Tag auf den Sportplatz. Neben Leichtathletik, wo wir auch immer 2-3 Mal pro Woche zum Training gegangen sind, hast´e noch jeden Tag Fußball gespielt. Dann haben wir uns gesagt, Mensch, unser Jahrgang ist gar nicht vertreten, wir nehmen es einfach selbst in die Hand. Also sind 2 Mann von uns nach Sömmerda gefahren, in die SPOWA und haben ein Satz Dresse gekauft. Vorher haben wir unter uns Geld  eingesammelt. Das waren ganz legendäre Dresse zu DDR-Zeiten, die sogenannten Ajax-Dresse. Grün-Weiß, Baumwolldresse, also die waren ein Schlager. Wie gesagt, haben wir uns selber gekauft und dann angefangen zu trainieren und Freundschaftsspiele organisiert. Heinz Remus hatte Waldemar Doll als 1. Trainer für uns gewinnen können, der ehemalige Hallenwart. Dann ging das relativ flott voran, Anmeldung und Spielbetrieb. Damals waren wir ca. 15 – 16 Kinder (Jahrgangsmannschaft) im „Altkreis Sömmerda“, der halb so groß wie jetzt war. Da gab es zwei 14er Staffeln C-Jugend. Wir waren in der Staffel West. In unserem allerersten Jahr sind wir Staffelsieger geworden und haben dann das Endspiel gemacht gegen Rastenberg in Frohndorf und haben unglücklich verloren, 2:1. Ja, so bin ich zum Fußball gekommen und bin dabei geblieben. Über die Stationen A-Jugend, auch höherklassig gespielt und mit 17 dann in den Männerbereich. Immer im Tor, also nie etwas anderes gespielt. Ich habe im Prinzip Volker Herold abgelöst. Er war Stammtorwart. Wir haben dann noch eine Saison zusammengespielt, jeweils abgewechselt, jeder immer 1 Spiel. Nach dem Jahr hat er dann seine „Karriere“ beendet. Von da an habe ich 1. Männermannschaft gespielt bis ich 32/33 Jahre war. Anschließend bin ich dann in den Trainerbereich gewechselt und habe die ERSTE mittrainiert. Parallel dazu bin ich zu den Alten Herren, wo ich bis zu meinem 55 Lebensjahr auch gespielt habe.

FCW: Was hast du sonst noch im Verein gemacht, ein paar Sachen hast du ja schon erzählt?

Jörg: Immer nochmal mit ausgeholfen bei der 1. Mannschaft. Im Vorstand war ich auch, auch schon vor der Wende, als Emil Römhild noch Vorsitzender von der Abteilung war. Nachwuchsübungsleiter bin ich so 83 oder 84 geworden. Damals war eine riesengroße Kriese in Weißensee. Traktor Weißensee, kurz davor das sich alles auflöste. Das hatte damit zu tun, dass wir keinen Nachwuchs gemeldet hatten. Da gab es auch schon Sanktionen und dann hatte ich mich dazu durchgerungen und gesagt, ok, dann übernehme ich ´ne Truppe und fange an. Ich habe mit einer E-Junioren-Truppe angefangen. Da gehörte damals unter anderem Danny Köhler mit dazu, der dann später auch zu Rot-Weiß Erfurt ist. Das war mein Beginn als Übungsleiter. Also aus der Not raus, weil es sonst für den Verein große Probleme gegeben hätte.  So richtig los ging es eigentlich 1987/88 und dann weiter bis 2007. Wir haben es auch so gehandhabt, dass wir die Mannschaften begleitet haben, von unten bis oben, also mit der Mannschaft mitgegangen sind. Ich habe viele, viele Jahre gemeinsam mit Frank Polster zusammengearbeitet. Eine richtig gute Zeit hatten wir mit der Spielgemeinschaft mit Kannawurf 2002/2003 mit Matthias Schwanz. Wir hätten beide selbstständig keine Mannschaften zusammenbekommen. Da haben wir uns getroffen und gesprochen und letzten Endes eine sehr, sehr gute, schlagkräftige Mannschaft zusammenbekommen. Obwohl wir kein Aufstiegsrecht für die C-Jugend-Bezirksliga hatten, haben wir den Antrag auf Bezirksliga gestellt. Das ist uns sogar genehmigt wurden. Dann haben wir als Jahrgangsmannschaft, als jüngerer Jahrgang in der Bezirksliga den 2. Platz gemacht. Im zweiten Jahr haben wir den dritten gemacht. Die Truppe war eine absolute Bombe. Mit Leuten aus 9 verschiedenen Orten. Zu dieser Truppe gehörte u.a. auch Nicki Warz, er ist nach diesem Jahr nach Jena gewechselt und dann von Jena zu Hertha und hat dort bis zu den A Junioren gespielt. Nach den zwei Jahren wurde unser erneuter Antrag auf Landesklasse B-Jugend jedoch nicht genehmigt, so dass wir dann Kreisklasse gespielt haben. Wir sind in diesem Jahr Kreismeister geworden. Im 2. Jahr sind wir dann hoch in die Landesklasse und haben dort den 8. gemacht. Meine Tochter war auch mit in der Truppe, die als Mädchen bis hoch zu den B Junioren immer Stammspieler war. Sie ist anschließend nach Erfurt gewechselt. Die restliche Truppe haben wir bis zum jüngeren A-Jugend-Jahrgang zusammen halten können. Danach wurden die Jungs in ihren Hauptvereinen im Männerbereich gebraucht. Es war eine absolut tolle Zeit, unvorstellbare Unterstützung von den Eltern, da gab es auch nie Probleme mit Fahrdiensten. Ein cooler Spruch von damals ist mir noch in Erinnerung. Ein Opa von einem Spieler aus Straußfurt, Willi Restel. Er hat sich auch immer mit gekümmert, hat zum Beispiel die Pässe gemacht. Willi war die gute Seele. Ein Spruch von ihm, ca. 5 Minuten vor Ende der Spielzeit, war immer (z.B. beim Spielstand von 6 : 0 für uns, wir haben ja oft relativ hoch gewonnen), „Du Jörg, Ich glaube, hoch verlieren wir heute nicht mehr“.

FCW:  Kannst du uns eine „schöne“ Geschichte erzählen?

Ja, natürlich, da gibt es viele, aber ich möchte hier einfach einmal die tollen Fahrten, die wir als Alte-Herren-Mannschaft regelmäßig gemacht haben, nennen. So beispielsweise 2 x nach Ostfriesland, Bonndorf im Schwarzwald oder Trechtingshausen am Rhein. Das waren jeweils ganz tolle Erlebnisse mit sehr viel Spaß.    

FCW: Was wünscht du dir für unseren Verein?

Jörg: Das wir weiter zusammenwachsen, dass ihr im Jugendbereich so weiterarbeitet und wir dann, nach Möglichkeit zusätzliche Jugendbereiche besetzen, irgendwann mal wieder eine A-Jugend haben und im Endeffekt eigene Jugendspieler in unsere 1. Mannschaft führen.

FCW: Auf was freust du dich?

Jörg: Naja, ich habe jetzt noch 4 Jahre bis zu Rente, da freue ich mich dann auf meine arbeitsfreie Zeit und die „schönen“ Dinge im Leben, mehr Zeit zu haben und vor allem auf meine Enkel.

FCW: Gibt es eine Person, an die du dich gerne zurück erinnerst?

Jörg: Oh, da gibt es sicherlich einige. Aber vielleicht die, die zwischenzeitlich leider schon von uns gegangen sind. Das wäre zum Beispiel Georg Römhild (Emil) oder aber auch Eberhardt Fritzsche, Peter Pechowski (Pippe). Das waren tolle Menschen, die sehr für den Sport, den Fußball, den Verein gelebt haben.

FCW: Ist dir ein Spiel besonders in Erinnerung?

Jörg: Ja, das war unser 1. Hallenkreismeister-Tittel 1984 mit mir im Tor.

Nach Vorrunde und Zwischenrunde hatten wir uns für die Endrunde qualifiziert, an einen Sonntag-Vormittag im Februar (Jens Weißflog holte Nachmittags Olympiagold in Sarajevo). Getragen von zirka 50 mitgereisten Fans, gewannen wir alle Spiele. Zum Siegerteam gehörten u.a. Hartmut Kühnemund (überragend), Olaf Warz, Frank Polster, Eberhard Fritsche, Hartmut Sorbe und Andreas Dreistein.

Alles tolle Fußballer. Und wie es sich gehört, haben wir danach auch gebührend gefeiert und abends noch mal die verschwitzten Dresse angezogen, um ein Foto zu machen. Das hatten wir vormittags nicht auf dem Schirm.

FCW: Was war früher anders?

Jörg: Als wir mit Fußball angefangen haben war natürlich vieles anders. Das ging ja schon los beim Ball. Wir waren froh, wenn wir mit gescheiten Lederbällen spielen konnten. Weiter ging es dann mit den Trikots und Hosen. Eigentlich waren es ja Turnhosen und Turnhemden aus Baumwolle. Das ist absolut kein Vergleich zu heute. Schuhe waren auch so ein Thema, da war die Auswahl auch sehr begrenzt. Alles in allem hat sich da viel verändert, die Möglichkeiten heut zu Tage sind ja fast unbegrenzt. Meistens haben wir auch ohne unseren Trainer trainiert, wir haben hauptsächlich gespielt. Ab und zu hat sich auch mal einer von uns was einfallen lassen, das haben wir dann ´ne Weile geübt und dann wurden die Mannschaften eingeteilt und Fußball gespielt. Wie schon gesagt,  war der Trainer oftmals nicht dabei, den haben wir meist nur zum Spiel gesehen. Aber auch das hat gut funktioniert und uns unheimlich viel Spaß gemacht, wir waren heiß, wollten immer Fußball spielen.

FCW: Was machst du um  fit zu bleiben?

Jörg: Ich mache nach wie vor immer noch sehr gerne Sport. Ich brauche das auch und kann einfach nicht ohne. Ich fahre gerne Fahrrad, fahre gerne Inliner, das macht mir viel Spaß. Sonntagvormittag bin ich immer mit meiner Frau unterwegs, da machen wir gemeinsam Nordic Walking. Das hat bei uns schon, so zu sagen, Tradition. Zuhause bei mir im Keller habe ich einen Heimtrainer, den ich auch viel nutze, vor allem auch dann, wenn das Wetter mal nicht so optimal ist. Dann gehe ich noch gerne in die Sauna. Leider ist das im Moment nicht möglich, was wirklich sehr schade ist. Wir sind immer in einer größeren Runde, einmal die Woche in die Sauna gegangen. Das war ein fester Termin, eines der Highlights in der Woche.

Vielen Dank für das lange und sehr angenehme aber vor allem sehr interessante Gespräch.